R4 Team Westfalen 2012 DerWesten

Soest. Eine verlockende Kombination: Nervenkitzel und Abenteuer für einen guten Zweck. Deshalb nehmen acht Studenten der Fachhochschule Südwestfalen in Soest gerne in Kauf, dass sie seit Monaten für kaum etwas anderes Zeit haben und möglicherweise auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben: Am 16 . Februar starten sie als R4 Team Westfalen bei der Rallye Paris – Marrakesch.

Muss das nicht Paris – Dakar heißen? Nein. Diese Wüstenfahrt findet seit 2009 in Südamerika statt. Aber sie war schon ein Vorbild. Ein wenig jedenfalls. Sechs französische Studenten verbanden erstmals 1998 die Faszination Sandpiste mit dem Nützlichen und transportierten Schulmaterialien für marokkanische Kinder nach Marrakesch. Mit drei Renault R4, damals noch typische Studentenautos.

Eine Idee mit Folgen: Zur 15. Auflage sind in diesem Jahr mehr als 1200 Autos angemeldet, die mehr als 60 Tonnen Schulbedarf und 12 Tonnen Lebensmittel durch die Sahara kutschieren. Professionell organisiert von einem großen französischen Reiseunternehmen. Aber zu alten Regeln: Teilnehmen dürfen nur Studenten und nur im R4, der 1992 zuletzt vom Band lief – junges Talent in alten Kisten.

Seit drei Jahren dürfen auch Ausländer mitfahren, und seit drei Jahren sind Studenten aus Soest mit dabei. Erst zwei, dann vier und jetzt acht. Darunter erstmals eine Frau: Maren Rump. Und wie ist das so unter lauter Männern? Blöde Frage. Bei der Rallye sind 50 Prozent weiblich. In ihrem Studiengang Design und Projektmanagement auch. Nur unter den Soester Maschinenbauern sind Frauen Exoten.

Und Maren Rumps Verhältnis zu Autos? Mit der R4-Revolverschaltung hat sie keine Probleme. Jedenfalls rangiert sie flott auf dem Soester Campus. „Einen Reifen wechseln kann ich auch.“ Und Karten lesen? Denn Navis sind verboten bei der Rallye. „Bisher habe ich mich immer zurechtgefunden. Das Navigieren werde ich übernehmen.“ Aber mit dem Kompass muss Maren Rump noch etwas üben: „Die Maschinenbauer waren schon zum Training im Sauerland.“

Die Aufgaben sind verteilt: Vier Maschinenbauer sind für Technik zuständig, vier Projektmanager für Finanzen und Organisation. Das hat sich so ergeben. „Wir acht waren am Ende der Info-Veranstaltung im Frühjahr übrig“, sagt Tobias Hügemann, der sich um Marketing kümmert. Alles Drittsemester: „Da lässt sich das mit dem Studium vereinen.“ 600 Stunden hat die Technik-Abteilung in die Restaurierung der Autos investiert. Zwei wurden dem Team 2011 abgekauft, zwei in Frankreich erworben. In schlechtem Zustand zu einem hohen Preis. „Der R4 ist in Frankreich Kult wie bei uns der Käfer“, sagt Hügemann. Und 2011 war das 50-jährige Jubiläum.

Die Technik steht. Nun muss Schulmaterial eigesammelt werden. Dazu besucht das Team jetzt Schulen in der Region, stellt das Projekt vor und hofft, dass die Schüler etwas von zu Hause mitbringen. Schwieriger gestaltet sich die Sponsorensuche. Auf allen Autos sind noch Werbeflächen verfügbar. Da haben Rump und Hügemann noch Überzeugungsarbeit zu leisten: 10 000 Euro fehlen noch am Etat von 36 000. „Das könnte ein sehr teurer Urlaub werden“, fürchtet Maren Rump.

Aber diese Sorge steht weit zurück hinter der Vorfreude. Auf die Wüste und die Fahrt dorthin. Auf das Gemeinschaftserlebnis und die sportliche Herausforderung. Wobei es bei dieser Rallye nicht darum geht, wer als erster ankommt, sondern wer die wenigsten Kilometer fährt, also am besten navigiert.

Gefährlich wird’s wohl nicht. Die Organisatoren bieten technische Hilfe, haben Tankwagen und Hubschrauber und Biwaks in der Wüste aufgeschlagen. „Schlecht wäre bloß ein Totalschaden“, meint Rump. „Man kann nicht einfach in ein anderes Auto umsteigen, weil überall die Rückbank ausgebaut ist.“ Aber Hügemann hat einen guten Eindruck vom R4: „Ich glaube, die sind sehr robust und halten mehr aus als modernere.“

Das Team Westfalen ist übrigens das einzige deutsche. Verwunderlich? Auf der Heimseite der Veranstalter findet sich nicht ein englisches Wort. „Das ist schon ein Hindernis“, meint Tobias Hügemann. Sie haben einen Mitfahrer dabei, der gebrochen Französisch spricht. Kein Problem: „Es wird ein Erlebnis“, sind sich die Studenten sicher. Und schädlich im Lebenslauf sicherlich auch nicht.

Text: Harald Ries, Westfalen Post, DerWesten
Foto:
R4 Team Westfalen